Staatliches Hochbauamt Baden-Baden
Empfangsgebäude mit Sitzungssaal für den Bundesgerichtshof, Karlsruhe
Anfang Juni 2009 hatte der Präsident des Bundesgerichtshofes (BGH) den Bundesbau Baden-Württemberg beauftragt, das damalige Kontrollgebäude auf dem Gelände des BGH energetisch zu sanieren. Zielsetzung war eine an die Nutzerbedürfnisse angepasste optimale Unterbringung und Flächenvergrößerung des Sitzungssaales sowie eine Grundsanierung des Gebäudes. Dieses Projekt wurde im Rahmen des Sonderprogramms „Sanierung und/oder energetische Verbesserung von Liegenschaften des Bundes“ unter dem Motto „Wir bauen Zukunft“ aus dem Investitionspaketes II der Bundesregierung zur Konjunkturstabilisierung finanziert. Nach einer Mehrfachbeauftragung wurde am 14. Sept. 2009 nach einstimmiger Entscheidung der Beitrag von Harter + Kanzler Architekten aus Freiburg ausgewählt. Neben der Berücksichtigung von energetischen und sicherheitstechnischen Aspekten bietet der Entwurf eine architektonische Lösung, die dem Ansehen des Gerichts angemessen ist. Städtebaulich präsentiert sich das neue Empfangsgebäude mit dem Sitzungssaal offen der Stadt Karlsruhe und seinen Bürgern.
Neubau Empfangsgebäude mit Sitzungssaal
Ein plastischer Kubus mit Natursteinfassade
Das Konzept orientiert sich an den Entwurfsprinzipien des direkt angrenzenden, denkmalgeschützten Schellingbaus aus dem Jahr 1960. Analog zum südlich an den Schellingbau angrenzenden Saalgebäude besteht der Neubau aus einem eingezogenen verglasten Sockelgeschoss und einem nach Norden und Osten auskragenden Saalgeschoss. Der neue plastische Kubus lehnt sich mit seiner Natursteinfassade an den Erweiterungsbau mit Bibliothek aus dem Jahr 2003 an, und durch eine Brücke mit dem Westgebäude verbunden, bildet es ein städtebauliches Ensemble. Die äußeren Kanten des Gebäudes beziehen sich einerseits auf die Straßenfluchten der Amalien- / Herrenstraße, andererseits werden die Orthogonalen zum Schelling-Bau aufgenommen. Das auskragende Bauvolumen des neuen Sitzungssaals dient gleichzeitig als Vordach für den Haupteingang und schützt außerdem den Zugang für die Bediensteten des Bundesgerichtshofs.
Das Entwurfskonzept der Architekten beschränkt sich auf wenige Materialien. Als Naturstein für Fassade und Fußböden wählten sie einen Crailsheimer Muschelkalk mit bräunlichen Einschlüssen aus. Der Sichtbeton mit Muschelkalkzuschlagsstoffen ist weißlich eingefärbt und nachträglich lasiert. Als Holz wurde für die teilweise mikroperforierten Wandbekleidungen und Türen ein weißpigmentiertes Eichenfurnier ausgesucht. Verglasungen in verschiedensten Ausformungen (verspiegelt, mit Sonnenschutzanforderungen, durchschuss- bzw. durchwurfhemmend) sind in einer Pfosten-Riegel-Konstruktion in Bronzefarbton passend zum Muschelkalk gefasst. Der Richtertisch, die Tische der Staatsanwaltschaft und Verteidigung sowie sämtliche Einbauschränke sind ebenfalls aus furniertem Eichenholz passend zur Wandvertäfelung gefertigt.
Eine wichtige Rolle beim neuen Empfangsgebäude spielt die Lichtführung. Die Öffnungen sind bewusst dort gesetzt, wo sich besondere Ausblicke zur Stadt und ins Gelände des Bundesgerichtshofes ergeben. Das Dachoberlicht ist ringsum wandbegleitend. Somit setzt sich die Decke im Sitzungssaal von den Außenwänden ab und lässt sie schweben. Die Fenster dürfen aus sicherheitstechnischen Gründen nicht zu öffnen sein. Daher werden alle Räume des Gebäudes mechanisch be- und entlüftet. Die komplette Heizlast im Erdgeschoss, im Foyer und in den Nebenräumen des Obergeschosses wird über eine Fußbodenheizung erbracht, während der Sitzungssaal über die thermische Aktivierung der sichtbaren Betondecke geheizt wird. Die erforderliche Kälteleistung für das Gebäude deckt die vorhandene Brunnenanlage. Dank der hoch gedämmten Gebäudehülle, der Optimierung der Beleuchtungsteuerung, der Nutzung von Fernwärme und der vorangegangen Maßnahmen konnte eine Unterschreitung von 30 % der Energieeinsparverordnung 2009 erreicht werden. Die Baumaßnahme wurde aus dem Zweiten Konjunkturprogramm der Bundesregierung jeweils aus dem Haushalt des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung und des Bundesministeriums der Justiz finanziert.
Bauherr
Bundesrepublik Deutschland
vertreten durch
Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung und Bundesministeriums der Justiz
vertreten durch
Oberfinanzdirektion Karlsruhe, Bundesbau Baden-Württemberg, Staatliches Hochbauamt Baden-Baden
Nutzer
Bundesgerichtshof
Planung und Umsetzung
Projektleitung: Staatliches Hochbauamt Baden-Baden
Architektur: Harter + Kanzler, Freiburg
TWP: Ingenieurbüro SLP, Karlsruhe
HLS, E: fc.ingenieure GmbH, Karlsruhe
Gebäudedaten
Bauzeit: 04/2010-02/2012
Nutzungsfläche: 389 m²
Gesamtbaukosten: 4,9 Mio. Euro
Auszeichnung
Beispielhaftes Bauen Stadt Karlsruhe 2005 - 2012